Meisterhau -  Historisches und szenisches Fechten
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chaukampf ist ein wichtiges Anwendungsgebiet des erlernten historischen Fechtens, neben der Möglichkeit des Kräfte- und Fähigkeitenmessens in unterschiedlich reglementierten Freikämpfen.
"Schaukampf" und "Historisches Fechten" halten viele für zwei völlig unterschiedliche Sachen... weil das, was man gemeinhin auf einem Mittelaltermarkt zugemutet bekommt und das, was man z.B. bei mir erlernen kann, völlig gegensätzlich aussieht.
Schon in der Historie, zur Zeit der ersten Fechtergilden, wurden öffentliche Trainings veranstaltet. Sogenannte "Schulen", in denen die Scholares unter meisterlicher Anleitung Übungen praktizierten und sich auch Übungskämpfe und Scheingefechte lieferten. Unter den Augen des Publikums, das damit einerseits begeistert und unterhalten werden sollte, angeregt zu üppigen Spenden - aber aus dem man sich auch Neulinge zu rekrutieren hoffte, um
  1. die Gilde durch viele regelmäßig zahlende Mitglieder gut versorgen zu können und
  2. die Kunst durch immer neuen Nachwuchs lebendig zu halten
Schon damals spalteten diese öffentlichen Schulen den Geist der Gilden. Puristen und Idealisten verurteilten dieses Unterfangen, mache es doch die Kunst gemein und einer breiten Masse zugängig, was sich nicht mit dem elitären Anspruch vereinbaren ließe. Sie bevorzugten weiterhin die Abgeschiedenheit der Fechtsäle und traten wohl nur aus juristischen Anlässen in Erscheinung (siehe dazu den Absatz "Gerichtsfechten" im Traktat zur Deutschen Schule). Den anderen überwog der oben beschriebene praktische Nutzen der Veranstaltungen, und es schmeichelte der Jubel der Zuschauer gewiß auch dem selbstdarstellerischen Teil ihrer Seele.
Natürlich, die "alten Techniken" zielen auf Das muß man auch verstehen, um sie effektiv zu trainieren. Diese Techniken nun aus Unkenntnis wegzulassen oder soweit zu entschärfen und umzubiegen, daß ihr eigentlicher Sinn kaum mehr zu erkennen ist, macht das was man heute allgemeinhin unter einem "Schaukampf" versteht, nicht etwa sicherer für alle Beteiligten, sondern allenfalls "harmlos" für´s Publikum, unansehlich und zunehmend langweilig, da die entsprechenden "Kämpfer" sich nicht weiterentwickeln, in ihrem Training ehrgeizlos nachlässig werden und sich dann in ihren auf Sicherheit bedachten "Choreografien" doch noch gefährden.
Viele kündigen ihre Kloppereien auch als "Freikämpfe" an und versuchen so, daß erwartungsfrohe Publikum aufzureizen... in Wirklichkeit mangelt es an einer vernünftig durchdachten und sorgfältig einstudierten Choreografie, ihre Aktionen sind zumeist instinktiv und der "Kampf" ist "frei" von Logik und Stil.... Freikampf eben.

Meine Auffassung vom Schaukampf aber ist: Schaut, wie wir kämpfen! Das heißt, das Lehrende (das Vorzeigen der Kunst in Techniken mit zweckgerechter Anwendung und damit Ausräumung aller Klischees) steht über der bloßen Unterhaltung! Natürlich wirft man nicht alle Perlen vor die Säue ;))
Soll es aber eine Choreographie sein, so wähle zuerst einen adäquaten Partner, konstruiert gemeinsam den Kampfablauf
  1. nach den Leitfäden aus einem Fechtbuch, oder
  2. intuitiv und damit ebenso logisch.
Beachtet Timing, Distanz und Dauer (je kürzer, desto realer). Fügt die alten Techniken unverfälscht und zweckoptimiert ein, denn jede läßt sich schließlich abwehren und damit kann der "Kampf" weitergehen, ohne weniger "echt" aussehen zu müssen.
Benutzt sparsam aber effektvoll dramaturgische Mittel, Körpersprache, die Kampfeinsatz und Treffer unterstreichen - aber ohne alberne Übertreibung! Das Fechten war eine lethale Konversation mit endgültiger Zeichensetzung! Dieser Ernst sollte dem Publikum bewußt werden! Richte dich nicht nach deren gewohnten und trägen Ansprüchen - sondern erziehe es dir!
Zumindest einige wirst du erreichen. Womöglich neue Rekruten der Kunst.

Ein guter Fechter ist immer auch ein guter Schaukämpfer, weil er den Kern und Zweck seines Handwerks versteht.
Wenn er das verstehen will, kann aber auch ein bloßer Schaukämpfer zu einem guten Fechter werden! Das ist zwar das Pferd von hinten aufgezäumt, trotzdem kann es geritten werden. Es ist aber schwieriger.
Sicherer Schaukampf ist also nicht die Reduzierung von Anspruch und Qualität um der scheinbaren Sicherheit willen - sondern das Ergebnis ständigen harten (vor allem Grundlagen-) Trainings, in denen die der Sache kundigen Partner ihre Choreografie gemeinsam erarbeiten und perfektionieren.